Geschichte
Erste Erwähnung - 883
In einer Urkunde des Klosters St. Gallen, die zwischen 883 bis 890 geschrieben wurde, wird Stiefenhofen erstmals als „stivunhovaro marcha“ genannt. Ebenso erwähnt sind Balzhofen als „paldis marcha“ und Mittelhofen als „meginfridis marcha“.
Dekanat Stiefenhofen
Von 1353 bis 1973 war Stiefenhofen Sitz eines gleichnamigen Dekanats.
Stiefenhofen lag im Mittelpunkt eines Gebiets, das sich im Westen von Möggers im heutigen Vorarlberg, bis Diepolz im Osten, von Gestratz im Norden, bis Obermaiselstein im Süden erstreckte.
Der Kirchturm als Grenzpunkt
Um 1460 verkaufen die Erben der Herren von Ellhofen ihre Herrschaft Stiefenhofen mit Gericht, einer „Taferne“ (heute Gasthaus Rössle), und einer Badstube um 1800 Gulden an den Grafen Hugo von Montfort zu Rothenfels und Tettnang.
1476 schließt Graf Hugo mit seinem Vetter Graf Hermann von Montfort zu Bregenz einen Grenzvertrag, bei dem der Kirchturm von Stiefenhofen als weithin sichtbarer Grenzpunkt vereinbart wird.
Die Pfarrei wird fortan durch die Grenzziehung in zwei Hälften getrennt.
Der südlich vom Kirchturm gelegene Teil liegt in der Herrschaft Rothenfels und Staufen. Dieser Herrschaftsbereich wird 1806 zum Landgericht Immenstadt (später Lkrs. Sonthofen). In diesem Jahr gründet sich die Gemeinde Stiefenhofen.
Nördlich vom Kirchturm bildet sich die Neue Herrschaft Bregenz. 1523 wird dieser Teil vom Haus Habsburg mit den Gerichten Simmerberg und Grünenbach übernommen. 1806 wird daraus die Gemeinde Harbatshofen im Landgericht Weiler (später Lkrs. Lindau).
Ein Kuriosum, entstanden aus der Grenzziehung im Jahr 1476: Die Grenze zwischen der Herrschaft Rothenfels und der Herrschaft Bregenz verlief mitten durch die Wirtsstube im heutigen Gasthaus Rössle, neben der Kirche. Heute wird dieser Gastraum deshalb „Bregenzer Stüble“ genannt. Im Bauernkrieg 1525 konnten sich die Bauern beider Herrschaften hier ungestört über die Grenze hinweg verständigen. Als „Staufner Haufen“ und „Grünenbacher Haufen“ verbündeten sie sich gegen die Obrigkeit.
In der Amtszeit des Pfarrers Magister Conrad Schilling wird 1494 der Chor der Pfarrkirche St. Martin in Stiefenhofen und 1495 die Kapelle St. Stephan in Genhofen erbaut. Diese Bauwerke sind bis heute erhalten.
Stiefenhofen im 30-jähirgen Krieg
1634 am 21. Juni fallen schwedische Soldaten in den Ort ein und brennen ihn vollständig nieder. Neun Häuser und die Pfarrkirche liegen danach in Schutt und Asche.
1635 bringen kaiserliche Soldaten eine Pestepidemie in die Region, der ein großer Teil der Bevölkerung zum Opfer fällt. Für die Toten wird oberhalb des Ortes ein Pestfriedhof angelegt. Heute finden wir an diesem Ort die Stiefenhofener Pestkapelle, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbaut wurde.
Das 18. Jahrhundert
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird in allen Dörfern die so genannte „Vereinödung“ durchgeführt. Bei dieser Flurbereinigungsmaßnahme wurden kleinteilige Parzellen zu größeren Grundstücken zusammengefasst und gemeinsam bewirtschaftete Flurstücke in Eigentumsflächen aufgeteilt. Einzelne Häuser wurden aus dem Dorf hinausgebaut die Grundstücke darum neu angeordnet. Dies führte zu einer wesentlichen Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion. Zeugen dieser Maßnahme sind die bis heute zahlreichen Einzelhöfe in der Region.
Das 19. Jahrhundert
Im Friedensvertrag von Pressburg wird 1805 die Grafschaft Königsegg-Rothenfels dem neu gegründeten Königreich Bayern zugeschlagen.
1853 wird am 12. Oktober die Teilstrecke Staufen-Lindau der neuen Ludwig Süd-Nord Bahn in Betrieb genommen. Harbatshofen erhält dadurch eine Bahnstation und eine Poststelle. Zwischen Harbatshofen und Thalhofen wurde für die Bahntrasse in Handarbeit ein riesiger Einschnitt ins Gelände gegraben. Auch das dreibogige Viadukt aus rotem Ziegelstein am Eingang des Einschnitts stammt aus dieser Zeit. Heute steht diese Brücke unter Denkmalschutz.
Das 20. Jahrhundert
1911 wird die Pfarrkirche St. Martin nach den Plänen des Augsburger Architekten Michael Kurz im Jugendstil neu erbaut. Nur der Turm und der gotische Chor der alten Kirche von 1494 bleiben erhalten. 1912 erfolgt die Einweihung des neuen Kirchengebäudes. Aufgrund des Beginns des 1. Weltkriegs 1914 wird die im farbenfrohen Jugendstil geplante Gestaltung des Innenraums nicht realisiert. Lange bleiben die Wände weiß. Erst 1980 wird der Innenraum farbig bemalt, wie wir ihn heute kennen.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wird die Gemeinde Stiefenhofen im Landkreis Sonthofen 1945 Teil der „amerikanischen Zone“. Die Gemeinde Harbatshofen wird, wie der gesamte Landkreis Lindau zur „französischen Zone“. Die Bahnstation Harbatshofen wird zum Grenzbahnhof.
1954 wird ein neues Schulhaus gebaut, das damals die Volksschule Stiefenhofen mit den Klassen 1-8 beherbergte. 1972 wird sie zur Grundschule Stiefenhofen mit 4 Klassen. Ab der 5. Klasse gehen die Kinder von nun an nach Oberstaufen oder auf andere Schulen im Umland.
Von 1960 bis 1963 entsteht das Feriendorf Wolfsried und das Ferienhotel Wolfsried, das seit 1989 die Hochgratklinik für Psychosomatik und Psychotherapie beherbergt.
Am 1. Januar 1972 werden die bisher selbstständigen Gemeinden Stiefenhofen und Harbatshofen mit jeweils ca. 900 Einwohnern zu einer Gesamtgemeinde zusammengelegt, die den Namen Stiefenhofen erhält. Die neugebildete Kommune wird dem Landkreis Lindau zugeschlagen. Gleichzeitig werden die Ortsteile Buflings, Sinswang und Saneberg abgetrennt und werden dem Markt Oberstaufen zugeordnet. Die Gesamteinwohnerzahl beträgt nunmehr 1560 Bewohner.
1977 bekommt die Gemeinde ihren ersten Kindergarten.
1979 Die Einrichtung einer zentralen Wasserversorgung mit Fernwasser aus Quellen im Oberallgäu macht es möglich, dass im Ort Stiefenhofen 1980 der 1. Bauabschnitt im Baugebiet „Auf der Breite“ begonnen werden kann.
1981 erhält Stiefenhofen einen Sportplatz. Dafür waren erhebliche Geländeveränderungen notwendig: Ein großer Teil des „Vogelherd“ genannten Hügels, auf dem viele Stiefenhofener das Schifahren gelernt hatten, wurde dafür abgetragen.
1983 wird eine Sport- und Festhalle erbaut, die bis heute als Veranstaltungsort für das kulturelle und sportliche Leben in der Gemeinde dient.
1985 Ab 2. Juni hält kein Personenzug mehr in der Bahnstation Harbatshofen.
1998 entsteht in Hopfen der Kräutergarten „Artemisia“ auf dem Gelände eines ehemaligen Bauernhofs.
Um ihren Bestand dauerhaft zu sichern, wird 1997 die 4-klassige Grundschule entsprechend dem notwendigen und zeitgemäßen Raumprogramm umgebaut und erweitert. Seitdem beherbergt sie auch die Gemeindebücherei und das Gemeindearchiv.
Das 21. Jahrhundert
Im Jahr 2000 wird auf Initiative des Tourismusvereins das „Kräuterdorf“ Stiefenhofen geschaffen, das sich dem Thema rund um die Welt der Heilpflanzen verschrieben hat. Das Angebot reicht vom Urlaub auf Kräuterlandhöfen, dem Kochen mit Kräutern beim „Kräuterwirt“ in Stiefenhofen und der Kultivierung von Heilpflanzen im Allgäuer Kräutergarten „Artemisia“ in Hopfen.
Aus der Erfahrung des Pfingsthochwassers von 1999 wird 2002 am westlichen Ortsende ein 20 000 Kubikmeter fassendes Hochwasserrückhaltebecken angelegt.
2004 entsteht ein neuer Friedhof oberhalb von Stiefenhofen. Die Aussegnungshalle ist komplett aus dem Holz der in der Region typischen Weißtanne gebaut.
2008 Bau einer neuen Brücke über die Obere Argen in Oberthalhofen. In Verbindung mit neuangelegten Schutzdämmen soll sie Sicherheit vor künftigen Hochwässern gewährleisten.
2009 Nach dem Abbruch der ehemaligen Gastwirtschaft „Sonne“ in der Ortsmitte von Stiefenhofen entsteht am selben Platz eine Wohnanlage für „Seniorengerechtes Wohnen auf dem Dorf.“ Auch das Gästeamt und der „Sonnesaal“ finden dort ihren Platz.
Text:
Historisches Stiefenhofen
Georg King
Harbatshofen 39
88167 Stiefenhofen
Telefonnummer: 08383 7543
Lektüre
Berichte aus vergangen Tagen
Band 1 ISBN: 978-3-8482-1480-8
Band 2 ISBN: 3741253138